Wie kleine Äffchen: Eichhörnchen
Hopp, hopp, vom alten Ahorn in die große Kiefer, da weiter von Ast zu Ast, den Kopf zuerst den Stamm hinunter, ein paar Hüpfer über die Wiese, dann kurz anhalten, schauen ob die Luft rein ist, das Näschen zuckt, sonst bewegt sich das Eichhörnchen nicht. Dann springt es weiter, an die Rinde vom Apfelbaum. Bis zum Vogelfutterhaus.
Eichhörnchen leben gut in unserer Kulturlandschaft und sind aktuell nicht vom Aussterben bedroht. Den flinken Tierchen den eigenen Garten nett zu machen, ihnen Futter und einen sicheren Unterschlupf anzubieten, ist trotzdem eine gute Idee. Auch, weil es so unterhaltsam ist, sie zu beobachten. Vor allem im Winter, denn da ist im Garten sonst nicht viel los. Eichhörnchen machen keinen Winterschlaf. Rechtzeitig zum Winter wechseln sie das Fell, es wird dichter und dunkler, der Schwanz buschiger und die Haarpinsel an den Ohren länger. Damit sind sie gegen Wind und Wetter gut ausgestattet.
Eichhörnchen kommen in vielen Farben vor, vom fuchsigen Rot über schwarz, bräunlich und gescheckt mit weißem Bauch. Auch graue einheimische Eichhörnchen gibt es. Nicht zu verwechseln mit den nordamerikanischen Grauhörnchen, von denen man vielleicht schon nicht so Gutes gehört hat. Hierzulande gibt es Stand jetzt noch keine Grauhörnchen. Sehen wir ein graues Hörnchen, ist es eigentlich ein rotes.
Im Frühjahr dann geht es so richtig los mit der Eichhörnchen-Show: Bei Eichhörnchens herrscht Damenwahl und die Männer haben viel zu tun, sich zu präsentieren. Im wilden Ringelreihen geht es die Stämme hoch, die Äste entlang, auf der anderen Seite runter. Stehenbleiben, Starren, dann schnell weiter, mit fliegenden Pfoten und dick geplüschtem Schwanz. Die Eichkätzin immer vorneweg, so zeigt sie sich den Katern von ihrer vitalsten Seite. Die finden das sexy und beweisen ihr gleichzeitig, dass sie mithalten können – ohne vor lauter Erotik vom Marder gefressen zu werden. Reichts mit dem Vorspiels, legt die Dame den Schwanz auf den Rücken und signalisiert so dem Auserwählten, dass er sie beglücken darf. Hat der junge Mann seine Pflichten erfüllt, darf er gehen, sich wieder einreihen in die Gruppe der Männer, die im Rudel dem nächsten Weibchen nachjagen. Die werdende Mutter kümmert sich nun darum das Kinderzimmer herzurichten.
Einige Wochen ist Frau Eichhorn schwanger, dann kommen die Kleinen zur Welt, winzig, nackt, blind und taub, wie Katzenbaby. Umso kuscheliger und sicherer gestaltet die Mama den Kobel. So heißt der Fachbegriff für Eichhörnchennester. Ein Eichhörnchen hat oft mehrere, oft auch mal nur einen zusammengestopften Haufen Äste und Moos, eine Baumhöhle oder ein nachgenutztes Krähennest. Es dauert nur ein paar Wochen, dann ist der Nachwuchs da: kulleräugige Mini-Hörnchen, mit dicker Stupsnase und großen Patschepfoten. Sobald die Zähne da sind, gibt es die erste feste Nahrung und nach zwei, drei Monaten sind die Kleinen zwar immer noch klein, aber flügge.
Wer rund um die Uhr und das ganze Jahr in Action ist wie ein Eichhörnchen, braucht viel Futter. Eicheln fressen sie gar nicht mal so gerne wie ihr Name vermuten ließe. Fichthörnchen würde besser passen, oder Kieferhörnchen. Die kleinen Kerne zwischen den Schuppen verschiedener Nadelbaumzapfen sind nämlich ihre Hauptnahrung. Um an die leckeren Samen zu gelangen, haben Eichhörnchen eine spezielle Technik. Sie halten die Zapfen mit den Pfoten fest und drehen sie rasant an den Zähnen entlang. So fräsen sie Kern um Kern heraus und übrig bleiben die leeren Zapfen, die oft aussehen wie abgenagte Maiskolben. Buchenfrüchte mögen sie auch sehr gerne. Manchmal sind Eichhörnchen auch Nusshörnchen. Wenn Reifezeit ist, sitzen sie oft da, drehen und wenden die Nuss solange mit den Fingerchen zwischen ihren Zähnen, bis sie die Naht erwischen. Knackt die Schale dann, lassen sie die links und rechts unter sich fallen und stopfen sich den Nusskern in die Backen. Abwechslung auf den Speiseplan holen sie sich mit Pilzen, sie essen auch Fliegenpilze. Ansonsten scharren sie Käfer aus dem Laub, zwicken Blätter und Knospen von den Bäumen, ernten Reste aus dem Gemüsebeet und naschen Himbeeren und Hagebutten und Pflaumen. Eichhörnchen vertragen fast alles und sagen auch nicht nein, wenn sie ein Vogelei oder ein Küken zu fassen kriegen. Früher galten Eichhörnchen als Schädlinge, weil sie nicht nur haufenweise Nüsse fressen sondern sie auch überall verbuddeln und neben dem Ernteverlust auch noch für eine tierische Unordnung verantwortlich sind. Ab dem Spätsommer besteht ihr Tagewerk nur noch daraus, Futter zu suchen. Was nicht mehr in den dicker werdenden Bauch hineinpasst, wird zum Vorrat. Eichhörnchen legen es in Spalten und Löcher hohler Bäume und in Mauern, sie holen eine Nuss aus dem Futterhaus um sie dann im Blumentopf direkt daneben zu vergraben, sie buddeln Löcher im Boden und bringen Futter in Nester. Es hat nicht wirklich System, Hauptsache versteckt. Weil sie so viel verstecken und genauso emsig und erratisch suchen, finden sie ausreichend Futter wieder. Chaos mit System. Nicht alles an Nüssen und Co finden sie wieder, sie sammeln mehr als nötig. Aus Sicht der Natur hat das seinen Sinn. Die Bäume werden besser durchmischt und verjüngt, wenn Eicheln, Bucheckern und Fichtenzapfen nicht nur rund um den Baum fallen, auf dem sie wachsen. So pflanzt sich das Eichhörnchen seine eigene Nahrungsversorgung.
Wird es draußen dann grauer und rauer, verschwinden sie im luxuriös gepolsterten Winter-Kobel, verstopfen die Eingänge und verdösen gemütlich eingemummelt die kalte Jahreszeit. Ab und zu treibt der Hunger die Hörnchen nach draußen, einen Happen essen finden. Dafür klappern sie ihre Vorratsstellen ab. Auch am Vogelhäuschen kommen die Hörnchen regelmäßig vorbei, nachschauen was es so zu stibitzen gibt. Liegen extra Nüsse für sie drin, freuen sie sich besonders und kommen umso öfter vorbei.